Die Seiten
von
Buchbestellungen
| |
Abzug
eines Artikels, welcher für das Kassler Abfallforum 1999 geschrieben wurde
Die
Vollversion dieser Ökobilanz kann bestellt werden unter Buchbestellungen!
Gegenüberstellung der Ökobilanzen und ökonomischer Daten von
Kompostierung, Vergärung und thermischer Behandlung biogener Abfälle
Werner Edelmann, arbi, CH-8933
Maschwanden
Konrad Schleiss, Umwelt- und Kompostberatung, CH-6340 Baar
Einleitung
Dank der "Technischen Verordnung für Abfall", BUWAL,1990, gewann
die biotechnologische Verwertung von Abfällen in der Schweiz an Bedeutung. Zur
biotechnologischen von festen biogenen Abfällen kommen sowohl aerobe als auch anaerobe
Verwertungswege in Frage. Ziel der vorliegenden Studie ist, verschiedene
Verwertungsmethoden nach ökologischen, energetischen und ökonomischen Gesichtspunkten zu
vergleichen. Verschiedene Vergleiche wurden bis heute bereits durchgeführt (Membrez et
al. 1997, Aebersold et al. 1993, IEA 1997). Allerdings sind in den meisten Arbeiten
nur einzelne Teilaspekte vertieft betrachtet worden. In der vorliegenden Arbeit wurde
versucht, den Vergleich in einer möglichst ganzheitlichen Weise anzugehen. Es wurden
insgesamt fünf biotechnologische Verfahren mit Verarbeitungskapazitäten von 10'000
Jahrestonnen plus die Verbrennung in einer modernen Kehrichtverbrennungsanlage (KVA)
miteinander verglichen.
Annahmen, Systemgrenzen
Die Daten wurden - mit Ausnahme der KVA, wo aktuelle Planungsdaten verwendet wurden - auf
real existierenden, schweizerischen Anlagen erhoben. Die untersuchten biotechnologischen
Anlagen unterscheiden sich allerdings in verschiedenster Hinsicht: So variiert
beispielweise die Verarbeitungskapazität zwischen 5000 und 18'000 t/a. Damit die Daten
vergleichbar wurden, mussten daher die Daten standardisiert werden. Alle Daten, wie
beispielsweise Aufwand an Baumaterialien, Investitionen oder Löhne wurden auf die
Anlagengrösse von 10'000 t/a umgerechnet. Es wurde angenommen, dass alle Anlagen im
selben vorstädtischen Gebiet mit denselben lokalen Voraussetzungen gebaut worden seien.
Diese Annahme erlaubte gleichzeitig, von demselben Aufwand für die getrennte Einsammlung
der biogenen Abfälle auszugehen. Gleichzeitig wurde angenommen, dass an diesem
hypothetischen Standort es nicht möglich sei, allfällige Wärmeüberschüsse aus der
biotechnologischen Verwertung anlagenextern zu verkaufen - im Gegensatz zur KVA, wo von
der Annahme eines Wärmeverbundes ausgegangen wurde.
Die verglichenen Anlagen
unterscheiden sich daher hauptsächlich in a.) der Verfahrenstechnik, b.) Baukosten (in
Form von Geld, Energie und Umweltbelastung) und c.) Betriebskosten inklusive Emissionen
und Energieaufwand. Die folgenden Varianten wurden verglichen:
| KG: Voll geschlossene,
automatisierte Kompostierung mit Abluftreinigung über Biofilter (Datenerhebung: Kanalrotte
IPS)
|
| KO: Offene
Kompostierung in überdeckten Boxen und offenen, mit Flies abgedeckten, häufig
gewendeten Mieten (Datenerhebung: Compaq-Boxen und Trapezmieten)
|
| VN: Thermophile,
einstufige Vergärung in einem horizontalen Pfropfstromreaktor mit Nachrotte
und Abluftreinigung über Biofilter. 85% Vergärung und 15% Kompostierung
(bzw.gärtnerische Verwendung der Holzschnitzel). (Datenerhebung: Kompogas)
|
| VG: Kombination von
einstufiger, thermophiler Vergärung mit voll geschlossener Kompostierung
mit Abluftreinigung und überdeckter Nachrotte. 40% Vergärung vor Kompostierung, 60%
reine Kompostierung (Datenerhebung: BRV-Anlage)
|
| VO: Kombination von
mehrstufiger, thermophiler Batch-Vergärung mit offener Kompostierung.
60% Vergärung vor Kompostierung, 40% reine Kompostierung (Datenerhebung: romOpur)
|
Die Daten für die
Kehrichtverbrennungsanlage entstammen den Planungsdaten für eine schweizerische Anlage
mit weitergehender Rauchgasreinigung und einer Ofenlinie. Die Behandlungskapazität
beträgt 100'000 Tonnen Gesamtmüll pro Jahr. Das Einzugsgebiet vergrössert sich damit
bei der KVA auf rund 250'000 Einwohner gegenüber rund 100'000 Einwohnern bei den
biotechnologischen Anlagen. Im Gegenzug ist bei der KVA keine Separatsammlung notwendig.
Für alle Behandlungswege wurde für die biogene Fraktion dieselbe Zusammensetzung
angenommen (60% Ausgangsmaterial mit relativ hohem Küchenanteil aus öffentlicher
Sammlung und 40% relativ ligninreiches Material aus Direktanlieferung). Für detaillierte
Elementaranalysen siehe Edelmann, Schleiss, 1999.
Wie in Figur 1 dargestellt wird, wurde von der Annahme ausgegangen, dass bei allen
verglichenen biotechnologischen Verfahren ein biologischer Abbau von 50% der organischen
Substanz erreicht wird. Im Fall einer Vergärung wurde angenommen, dass 76% des Abbaus
anaerob und 24% aerob in der Nachrotte erfolgt. Die aerob und/oder anaerob abgebauten
C-Mengen ergeben sich aus den Annahmen der Figur 1 und der Elementaranalyse des Abfalls.
Die gemessenen bzw. aus der Literatur entnommenen Emissionen wurden entsprechend der
vergorenen und kompostierten Anteile den einzelnen Verfahren zugeordnet. Alle Angaben
beziehen sich auf 10'000 t biogenen Abfalls (Frischgewicht). Man ging davon aus, dass 1%
des separat gesammelten Abfalls unerwünscht ist und der KVA zugeführt werden muss
(Fremdstoffe, wie Glas, Metall, Plastik etc.).
Abbildung 1: Annahmen
für die Massenflüsse beim biotechnologischen Abbau von biogenen Abfällen
Es wurde der gesamte Lebenszyklus des
biogenen Abfalls betrachtet unter Einschluss aller Umweltbelastungen, welche sowohl durch
den Verwertungsprozess selbst als auch durch die Bereitstellung der Infrastruktur zur
Behandlung entstehen. Die Systemgrenzen reichen vom Gartentor, wo der Abfall abgeholt wird
über sämtliche Behandlungsschritte bis zur Endlagerung der Produkte (Anwendung des
Komposts bzw. Lagerung der Aschen in einer Schlackendeponie). Die Energie spielt im
Vergleich eine sehr wichtige Rolle. Es wurde für den Betrieb der Anlagen mit dem
europäischen Strommix (UCPTE) gerechnet, sofern extern Strom bezogen werden musste (Frischknecht,
1996).
Abbildung 2:
Abgrenzung der Systemgrenzen: Graue, dicke Pfeile: Massen- und
Energieflüsse welche ins System eintreten, bzw. dieses verlassen (z.B. Material und
Energie zum Bau der Anlagen); gepunktet: Emissionen; feine, schwarze Pfeile: interne
Materie- und Energieflüsse.
Abbildung 2 zeigt die Systemgrenzen. Die Emissionen als Folge der Kompostapplikation
werden ebenso in die Betrachtung eingbezogen wie die Emissionen der Endlagerung der
Kehrichtschlacken oder die Emissionen, welche bei der Verbrennung des Biogases in einer
Wärme-Kraft-Kopplung entstehen. Für einen allenfalls freigesetzten Überschuss an
erneuerbarer Energie und für wichtige Nährstoffe wurden den einzelnen Verfahren
Belastungen in einer Grösse gutgeschrieben, wie sie entstanden wären, wenn
beispielsweise dieselbe Energie- oder Stickstoffdüngermenge konventionell hergestellt
worden wäre ("Gutschriften").
Man ging von der Annahme aus, dass die voll geschlossenen biotechnologischen Verfahren
ohne einen Überschuss an Prozesswasser betrieben werden können. (Die beim Abbau
freigesetzte Kompostwärme ist signifikant höher als die benötigte
Verdampfungsenthalpie). Anaerobanlagen weisen beim heutigen Stand der Entwicklung keine
Abwasserprobleme mehr auf. Bei der offenen Mietenkompostierung, welche den
Witterungseinflüssen ausgesetzt ist, musste hingegen die Sickerwasserproduktion
berücksichtigt werden.
Zurück zu Anfang
Material
und Methoden
Ökoinventar
Von allen Verwertungwegen wurden an konkreten Standorten die Infrastrukturaufwendungen
erhoben, wie Zusammensetzung und Mengen von Baumaterialien, asphaltierte Flächen,
Maschinen, Apparaten zur Vor- und Nachbehandlung etc.. Alle Daten wurden dann auf dieselbe
funktionelle Einheit, d.h. 10'000 t Jahrestonnen Abfall definierter Zusammensetzung,
bezogen: Zunächst wurde mit den erhobenen Daten der Aufwand für eine Anlagenkapazität
von 10'000 t/a errechnet. Darauf wurde entsprechend der Lebensdauer der einzelnen
Komponenten der jährliche Infrastrukturaufwand (Mengen Zement, Metalle, Asphalt etc.) zur
Behandlung von 10'000 t ermittelt, indem der gesamte Aufwand durch die jeweiligen
Lebensdauern geteilt wurde (Annahmen: Lebensdauer für mobile Maschinen: 5a, stationäre
Maschinen: 10a, Bauteil: 25a). Die ökologischen Vorinvestitionen zur Bereitstellung der
Infrastruktur wurden mit dem Tool Ecoinvent der ETH errechnet (Zimmermann, 1996).
Die ökologischen Betriebskosten umfassen energetische und materielle Grössen, wie etwa
Energieflüsse, Verbrauchsmaterialien sowie prozessbedingte Emissionen in Luft und Wasser.
Gasemissionen:
Über Methanemissionen von Komposten bestehen schon mehrere Publikationen. Zur Bestimmung
der absolut emittierten Methanmengen werden allerdings in vielen Fällen geschätzte
Volumenströme mit den gemessenen Konzentrationen multipliziert, was zu sehr grossen
Fehlern führen kann. In der vorliegenden Studie wurden die gasigen Emissionen mit der
"closed chamber" Methode erfasst. Weil die total abgebauten Kohlenstoffmengen
gemäss Abbildung 1 und den übrigen Annahmen jeweils bekannt sind, und weil der
Kohlenstoff in Gasmolekülen mit praktisch identischem Volumenbedarf entweder als CO2
oder als CH4 entweicht, genügt es, das relative Verhältnis von CO2
und CH4 zu messen. Die totalen Mengen der beiden Emissionsformen können
anschliessend anhand der gemessenen Konzentrationen und der Kohlenstoffbilanz
hochgerechnet werden.
Abbildung 3:
Messung der Emissionen von Komposten in die Luft: Ein isolierter (und zur
Verhinderung von Kondensation ggf. beheizbarer) Behälter wird mit der Öffnung nach unten
über dem hot spot einer Miete oder auf dem Biofilter plaziert und von den warmen
aufsteigenden Gasen gefüllt. Über eine regulierbare Öffnung entweichen die Gase nach
aussen. Im Behälter werden die Konzentrationen von CO2, O2 und CH4
on line erfasst.
Abbildung 3 zeigt die "closed
chamber"-Methode: Für jeden Prozess wurden an verschiedenen Messpunkten auf
verschiedenen Mieten unterschiedlichen Alters für je ein halbe bis zwei Stunden die
Gaszusammensetzungen erfasst. Je nach Aktivität der Miete wird der Behälter
unterschiedlich rasch gefüllt. Aus den Messwerten wurde ein entsprechend der Aktivitäten
gewichteter Mittelwert gebildet. Die Messkampagne wurde dreimal zu verschiedenen
Jahreszeiten durchgeführt, um Variationen als Folge der unterschiedlichen Zusammensetzung
des Ausgangsmaterials zu berücksichtigen.
Ammoniak, Lachgas und Schwefelwasserstoff konnten mit der eingesetzten Messtechnik nicht
seriös gemessen werden, da die Werte wegen der Verdünnung mit dem Luftstrom meist unter
dem Messbereich der Messapparatur lagen (Dräger CMS). Zudem konnte ggf. Kondenswasser die
Messung stören. Es wurde daher für diese Messgrössen auf Literaturwerte
zurückgegriffen.
Ökobilanzen und Sensitivitäten
Nach der Erfassung der Stoffströme wurden die damit verbundenen Emissionen bestimmt und
darauf gewichtet. Die gesamten Schritte vom Rohstoffabbbau über Verteilung und
Verarbeitung bis zum Anlagenbau wurden berücksichtigt. Zwei Tools wurden zur Gewichtung
eingesetzt: Eine Weiterentwicklung von Ecoindicator 95 (Goedkoop, 1995)
("95+") und die Umweltbelastungspunkte, UBP, welche vom Buwal entwickelt wurden
(Buwal 1997). Die Berechnungen wie auch die Untersuchungen zur Kehrichtverbrennung
(Hellweg 1999) wurden durch S.Hellweg, Laboratorium für technische Chemie, an der
ETH Zürich durchgeführt.
Im Ecoindicator 95+ werden 10 Wikungskategorien, wie beispielsweise Treibhauseffekt,
Ozonabbau oder Versauerung, betrachtet. Alle Umwelteinflüsse, welche durch die
verschiedenen, zur Abfallbehandlung notwendigen Aktivitäten hervorgerufen werden, müssen
zunächst sortiert und den einzelnen Wirkungskategorien zugeordnet werden. Anschliessend
werden sie in eine vergleichbare Grösse gebracht, indem sie entsprechend ihrem
Schadenspotential mit einem Faktor multipliziert werden ( z.B. wird in der
Wirkungskategorie Treibhauseffekt Methan in dieser Studie 21 mal stärker gewichtet als CO2
) ). Damit können für die einzelnen Kategorien die Einwirkungen
aufsummiert werden. Eine hohe Punktzahl einer Kategorie bedeutet dabei eine starke
Beeinträchtigung der Umwelt.
In einem letzten Schritt kann abgeschätzt werden, wie gross die Summe der Einflüsse der
einzelnen Wirkungskategorien ist. Dazu werden die Einwirkungen in einem letzten Schritt
gewichtet nach Ihrem Einfluss auf Mortalität, Schädigung der Gesundheit und
Beeinträchtigung der Ökosysteme. Dieser Schritt lässt subjektive Wertungen zu und ist
wegen teilweise kaum exakt quantifizierbaren Annahmen mit den grössten Unsicherheiten
belastet. Die totalen Ökoindikator-Punkte illustrieren daher vor allem in einer
Vergleichsstudie die relativen Stärken und Schwächen eines Verfahrens, dürfen jedoch
als Absolutwerte nur unter grösster Vorsicht mit Totalwerten von anderen Studien in Bezug
gebracht werden. In der vorliegenden Studie wurde mit den Default-Vorgaben der Tools
gearbeitet.
Die Methode UBP wurde eingesetzt, um die Resultate von Ecoindicator mit einem Tool zu
überprüfen, welches von einem anderen Ansatz ausgeht. In UBP sind die Zielvorgaben die
Richtlinien und Grenzwerte, welche durch die schweizerische Umweltpolitik vorgegeben
werden. Genormte Umweltbelastungspunkte werden den einzelnen
Emissionen, dem Energieaufwand und der ökologischen Knappheit vergeben.
Weil Ecoindicator nur Schwermetalle berücksichtigt, welche aus dem Boden in Gewässer
ausgewaschen werden, wurden verschiedene Sensitivitäten für unterschiedliche Annahmen
der Schwermetallausschwemmung aus mit Kompost behandelten Böden berechnet. Zusätzliche
Sensitivitäten wurden unter anderem erstellt für Emissionen von NH3, N2O
und H2S und für die Vergabe von Gutschriften für den Düngewert des
Kompostes.
Zurück zu Anfang
Resultate
Gasemissionen
Abbildung 4 zeigt das Verhältnis der Kohlenstoffemission in Form von CO2 und
CH4 für die verschiedenen Verfahren. Die Verhältnisse reflektieren die
Gesamtemissionen aller Teilschritte der einzelnen Prozesse. Bei der Vergärung wurde das
im Reaktor gebildete Methan als CO2 gewertet, da es bei der kontrollierten
Verbrennung in dieses umgewandelt wird; die Methanemissionen beziehen sich daher nur auf
Methan, welches nach Austrag des Fermentermaterials in der Nachrotte, bzw. nach dem
Biofilter an die Umwelt entweicht.
Abbildung 4:
Durchschnittliches Verhältnis der totalen Emissionen von von CO2 zu CH4
(Vol.%, bzw. C-Verhältnis) bei den verschiedenen Verfahren. Die Kehrichtverbrennung
würde im Vergleich 200% CO2 und kein Methan ausstossen, da in jenem Fall 100%
der Kohlenstoffverbindungen abgebaut und dabei vollständig oxidiert werden (Doppelte CO2-Freisetzung
gegenüber den biotechnologischen Verfahren, wo der Abbau als 50% angenommen wurde).
Es zeigte sich, dass sogar in Komposten,
welche sehr häufig umgesetzt werden (während der Intensivrottephase täglich), schon
sehr rasch nach dem Umsetzen spürbare Methananteile entweichen (KO). In Vergäranlagen
sind die Methanemissionen hoch, auch wenn das leicht abbaubare Material, welches in
Kompostierungen hauptsächlich zur Methanbildung führt, bereits im Fermenter abgebaut
worden ist und nur noch ein relativ kleiner Teil des Abbaus ausserhalb des Fermenters
stattfindet. Am grössten sind die Emissionen bei der Kombination von Vergärung und
Kompostierung im Verhältnis 40% zu 60% (VG), da in diesem Fall noch relativ viel leicht
abbaubares Material in der Kompostlinie vorliegt, welches mit dem zugegebenen Gärgut
anaerob angeimpft wird. Wie Sensitivitätsrechnungen bei der Ökobilanz zeigten, besteht
durch verbesserte Überführung in aerobe Zustände ein grosses Verbesserungspotential bei
den Vergäranlagen.
Es konnte nachgewiesen werden, dass das Methan bei der Kompostierung nicht kontinuierlich,
sondern stossweise aus dem Mietenkörper entweicht. Die Messungen wurden auf existierenden
Praxisanlagen erhoben, deren Betriebsweise sich z.T. etwas von den in der Ökobilanz
bewerteten Anlagen mit 10'000 t/a unterscheidet. Aus Gründen, welche hier nicht
diskutiert werden können, ist es denkbar, dass unter den angenommenen Massenströmen die
Methanemissionen von VO etwas höher und diejenigen von VN etwas tiefer liegen dürften.
Zusätzliche Messungen - auch im Hinblick auf die übrigen gasigen Emissionen - sind
wünschenswert. Für eine detailliertere Diskussion der Methoden und Messwerte siehe Edelmann,
Schleiss, 1999.
Ökobilanzen
Die Abbildungen 5 und 6 zeigen die Ecoindicator 95+ -Punkte für 9 Wirkungskategorien. Es
werden zwei Sensitivitäten dargestellt: Bei der Variante "+Gas" der
biotechnologischen Verfahren wurden Literaturwerte für die Emission von NH3, N2O
und H2S eingesetzt, wobei der Reinigungseffekt der Biofilter berücksichtigt
wurde. Da diese Werte nicht durch eigene Messungen überprüft werden konnten (s.o.),
werden ebenfalls die Totalen ohne diese Emissionen gezeigt. Für den Stickstoff- und
Phosphorgehalt des Komposts wurden Nährstoffgutschriften erteilt im Umfang der
eingesparten Mineraldünger. (In der KVA gehen diese Nährstoffe verloren).
Abbildung 5:
Ecoindicator 95+ - Punkte für die Kategorien Radioaktivität,
Energieresourcen, Treibhauseffekt, Versauerung und Wintersmog mit (+ Gas) und ohne
Einbezug von NH3, N2O und H2S. Bei VN, KG und VG wurde
eine Reduktion des Ammoniumstickstoffs durch den Biofilter berücksichtigt.
In Abbildung 5 ist die Radioaktivität wie auch ein grosser Teil des Treibhauseffekts auf
den europäischen Strommix zurückzuführen (Emissionen der Kernkraft und mit fossilen
Brennstoffen betriebener Kraftwerke). Die Wirkungskategorien der Abbildung 6 tragen
weniger stark zur allgemeinen Belastung bei. (Man beachte die im Vergleich zu Abb. 6
unterschiedliche Skalierung!) Bei den offenen Verfahren (KO und VO) können vor allem
Ammoniak-Emissionen stark zur Umweltbelastung beitragen (Überdüngung, Triebhauseffekt
etc. bei Sensitivität: "+Gas").
Abbildung 6:
Ecoindicator 95+ - Punkte für die Kategorien Eutrophierung,
krebserregende Substanzen, Ozonabbau und Sommersmog mit und ohne Einbezug von NH3,
N2O und H2S (+Gas). Bei VN, KG und VG wurde eine Reduktion der
Ammoniakemission durch den Biofilter berücksichtigt.
Abbildung 7 zeigt die totalen Ökoindikatorpunkte in insgesamt fünf Sensitivitäten:
Zunächst sind es die beiden Varianten mit und ohne Einbezug der Gasemissionen (vgl. Abb.
5 und 6). Dann wird zusätzlich der Einfluss von Schwermetallabschwemmung quantifiziert
(Sensitivität ohne und mit 0,5% Auswaschung). In einer fünften Variante wird der
Einfluss der Nährstoffgutschriften veranschaulicht. Bei der KVA spielen die untersuchten
Varianten bzgl. Nährstoffen und Gasemissionen keine Rolle.
Abbildung 7:
Summe der Punkte von Ecoindicator 95+ für 5 Sensitivitäten für
die biotechnologischen Verfahren: Mit und ohne Einbezug der Gase (s.o.), ohne bzw. mit
0,5% Schwermetallabschwemmung aus dem Boden(-/+Swm) sowie ohne Nährstoffgutschrift
(-Nährstoffe).
In den Abbildungen 5 bis 7 zeigt die
Vergärung mit Nachrotte (VN) die deutlich besten Resultate. Abgesehen vom Treibhauseffekt
- welcher hauptsächlich auf die Methanemissionen bei der Nachkompostierung des Gärguts
zurückzuführen ist - ist das Verfahren umweltneutral oder weist sogar negative
Punktzahlen auf. Dieser aus Sicht der Umweltbelastung sehr erfreuliche Effekt ist auf die
Gewinnung erneuerbarer Energie zurückzuführen: Weil ein Überschuss an erneuerbarem
Strom erzeugt und ins Netz eingespeist wird, kann die Erzeugung von umweltbelastendem
UCPTE-Strom eingespart werden, was in Form einer Gutschrift zu einer entsprechenden
Reduktion der Umweltbelastung führt. Da VN den grössten Stromüberschuss produziert,
sind die Gutschriften bei diesem Verfahren grösser ist als bei den übrigen
biotechnologschen Prozessen. Die energetische Situation spiegelt sich wieder bei der
Freisetzung von Radioaktivität, wo die Vergärung am besten vor der KVA abschneidet. Bei
der KVA wurden relativ grosse Gutschriften durch den Verkauf von Wärme erteilt, was bei
den Gäranlagen an günstigem Standort zwar ebenfalls möglich wäre, hier aber
konservativ als nicht zutreffend angenommen wurde. Die Energieeinsparung durch
Substitution von Mineraldünger (u.a. Haber-Bosch-Synthese) wurde bei den
biotechnologischen Verfahren hingegen berücksichtigt.
Der Vergleich mit dem Tool UBP zeigte dieselbe Rangierung innerhalb der biotechnologischen
Verfahren wie Ecoindicator. Weil jedoch bei UBP der Schwermetalleintrag in den Boden sehr
stark gewichtet wird, zeigte nur VN bei einigen Sensitivitäten ein besseres
Gesamtresultat als die Verbrennung, wo die Schwermetalle mit der Kehrichtschlacke
deponiert und so dem Kreislauf weitgehend entzogen werden. Für detaillierter Angaben
siehe Edelmann, Schleiss 1999.
Zurück zu Anfang
Ökonomie
Die Kosten der verschiedenen Prozesse wurden an bestehenden Anlagen erhoben (vgl. auch Schleiss
et.al., 1998) und nachher umgerechnet auf 10'000 t/a sowie auf die normierten Vorgaben
(s.o.). Im vorliegenden Vergleich wurde das gesamte eingesetzte Kapital mit dem Zinssatz
von 5% von 60% des Neuwerts linear verzinst (Ammann, 1997). Als Betriebskosten
wurden alle minimal notwendigen Kosten ohne Gewinnanspruch betrachtet. Die Abschreibungen
wurden zur Rückzahlung von Darlehen in der Geldflussrechnung verwendet (Prochinig 1997).
Die Investitionen wurden über die Nutzjahre linear abgeschrieben, was eine über die
Jahre identische Belastung ergibt. Mobile Maschinen wurden innert 5 Jahren, stationäre
Maschinen innert 10 Jahren und der Bauteil (Plätze und Hallen, Abwasserbecken etc.)
innert 25 Jahren abgeschrieben.
Bei den Angaben für die KVA wurde auf die aktuellen Planungsdaten einer KVA mit 100'000
t/a Verbrennungskapazität, weitergehender Rauchgasreinigung und einer Ofenlinie
zurückgegriffen. Es wurde angenommen, dass der Grünabfall zusammen mit dem übrigen
Restmüll im "grauen" Sack eingesammelt werde. Die Einsammelkosten, welche in
Figur 9 nicht inbegriffen sind, sind auf Grund der getroffenen Annahmen für alle
biotechnologischen Verfahren identisch. Bei der Verbrennung müssen zwar keine getrennte
Sammeltouren gefahren werden, dafür sind die Transportdistanzen grösser (Einzugsgebiet:
rund 250'000 Einwohner gegenüber rund 100'000). Die Sammelkosten dürften sich daher
ebenfalls in einer vergleichbaren Grössenordnung bewegen (E.Stutz, 1999).
Abbildung 8:
Investitionskosten der verschiedenen Verfahren zur
Behandlung von jeweils 10'000 Jahrestonnen aufgeschlüsselt nach Kostenstellen.
Die Investitionskosten der voll geschlossenen Kompostierung sind sehr hoch, da dort mit
einem relativ grossen Aufwand ein hoher Automatisierungsgrad erreicht wurde.
Wahrscheinlich wären jedoch heute gegenüber der ausgemessenen Anlage noch gewisse
Einsparungen möglich. Die offene Kompostierung weist tiefe Investitionskosten auf. Dafür
wird in disem Fall der Betrieb, u.a. durch die hier nicht automatisierte Umsetzung etwas
verteuert.
Abbildung 9:
Behandlungskosten der verschiedenen Verfahren pro Tonne Abfall
Abbildung 9 schlüsselt die Behandlungskosten pro Tonne Abfall auf die variablen und fixen
Kosten auf. Neben dem Aufwand wird der Ertrag aus dem Energieverkauf separat ausgewiesen
(bei der Vergärung nur Stromverkauf). Die offene Kompostierung ist trotz relativ hohen
Betriebskosten günstiger als die Vergärung kombiniert mit Kompostierung oder reine
Vergärung. Letztere liegt unter Berücksichtigung des Erlöses aus dem Energieverkauf bei
rund Fr. 150.-/Tonne. Die offene Kompostierung birgt allerdings die Gefahr von erhöhten
Geruchsemissionen. Sie ist daher nur unter Vorbehalten an nicht exponierten Standorten
realisierbar. Bei der voll geschlossenen Kompostierung kommen die Kapitalkosten so stark
zum Tragen, dass sie nicht durch Einsparungen beim Betrieb wettgemacht werden können.
Zurück zu Anfang
Diskussion der
Resultate und Schlussfolgerungen
Sowohl die ökologischen als auch der ökonomischen Betrachtungen zeigen Vorteile der
biotechnologischen Behandlung im Vergleich mit der Verbrennung (Abbildungen 7 und 9). Die
reinen Kompostierungen sind aus ökologischer Sicht deutlich weniger gut als die
Gärtechnologien.
Die drei Kategorien Treibhauseffekt, Versauerung und Schwermetalle spielen eine wichtige
Rolle in der Ökobilanz. Der Treibhauseffekt ist hauptsächlich auf die Emission von CO2
und CH4 zurückzuführen. Die CO2-Emission kann beim Abbau von
biogenem Material nicht verhindert werden und findet auch in der freien Natur statt. Nicht
ganz unerwartet (Edelmann, 1995) wurden hingegen bei der Kompostierung recht grosse
Methanemissionen gemessen, welche im Vergleich zum Kohlendioxid viel stärker gewichtet
werden müssen. Bei der Vergärung sollten Methanemissionen klein gehalten werden können,
da das in dieser Hinsicht kritische, leicht abbaubare Material im voll geschlossenen
Fermenter zu Methan abgebaut und anschliessend zu CO2 verbrannt wird. Die
Messungen auf den Anlagen zeigten allerdings, dass hier noch ein grosses
Verbesserungspotential besteht, wenn das aus dem Reaktor ausgetragene Material durch
geeignete Massnahmen schneller in einen aeroben Zustand übergeführt wird.
Schwermetalle haben einen sehr grossen Einfluss beim Tool UBP, wo der Eintrag auf den
Boden stark gewichtet wird, wie auch bei Ecoindicator 95+, sofern man dort von der Annahme
ausgeht, dass Schwermetalle nach dem Austrag auf das Feld in Gewässer abgeschwemmt
werden. Allerdings muss man sich bei der Schwermetalldiskussion bewusst sein, dass in der
Regel nur ein sehr kleiner Teil von der Behandlung selbst stammt (Abrieb von
Zerkleinerungswerkzeugen und Fördertechnik). Der überwiegende Teil wird beim Wachstum
der Pflanzen durch Wind, Regen und auch Mineraldünger auf der Biomasse deponiert und
durchquert dann zusammen mit dem Abfall die Anlage. Bei der KVA wurde angenommen, dass die
Schwermetalle in einer inerten Form in der Asche gebunden werden und so in der Deponie
weitgehend immobilisiert seien. Dadurch hat die Verbrennung bei UBP einen Vorteil:
Schwermetalle werden unter dieser Optik dem ökologischen Kreislauf entzogen. Wenn man
allerdings in Betracht zieht, dass die Schwermetallgehalte des Komposts in der Regel sehr
deutlich unter den (tiefen) Grenzwerten liegen, scheint es sehr fragwürdig zu sein, mit
diesem Argument die Verbrennung von wertvoller organischer Substanz zu fordern:
Schwermetalle aus Wind und Regen dürfen nicht erst mittels einer nachträglichen
Verbrennung dem Kreislauf entzogen werden; sie müssen wo immer möglich bereits am Ort
ihrer Freisetzung eingedämmt werden.
Wenn man die Verfahren vergleicht, kommt der Energie die Schlüsselrolle zu: Gäranlagen
schneiden aus ökologischer Sicht besser ab, weil sie keine externe fossile und nukleare
Energien benötigen. Eine kombinierte Anlage wird bereits energieunabhängig, wenn ein
Viertel des Abfalls vergoren wird (Edelmann. Brotschi, 1998). Wenn ein Überschuss
an erneuerbarer Energie erzeugt wird, hat dies positive Auswirkungen auf praktisch alle
Wirkungskategorien, weil entsprechend weniger nukleare und fossile Energie bereitgestellt
werden muss: Belastungen durch Radioaktivität, Staub, Schwefeldioxid und schwefliger
Säure, durch Kohlenmonoxid, Stickoxide oder Treihausgase, sowie Grössen wie
Ozonzerstörung, Versauerung, Überdüngung oder Freisetzung von krebserregenden Stoffen
werden reduziert. Gäranlagen würden sogar eine nochmals deutlich bessere Ökobilanz
zeigen, sofern sie in der Nähe eines Gewerbebetriebs mit ganzjähriger Wärmeabnahme
erstellt werden.
Wenn man sich vor Augen hält, dass die Kompostwärme praktisch immer ungenutzt an die
Atmosphäre verpufft (Edelmann et al., 1993), fällt es einem schwer zu verstehen,
dass heute immer noch Kompostieranlagen gebaut werden, wo eine sehr grosse Menge an
umweltbelastender nuklearer und fossiler Fremdenergie aufgewendet wird, um die chemischen
Bindungen aufzubrechen und zu zerstören, in welchen die hochwertige, erneuerbare und
umweltfreundliche Sonnenenergie gespeichert ist.
LITERATUR
| Aebersold A.
et.al. (1993): Vergären oder Kompostieren, Abschlussarbeit Nachdiplomstudium
Umweltlehre, Universität Zürich
|
| Ammann H. (1997):
Maschinenkosten 1998 - Kostenelemente und Entschädigungsansätze, FAT-Bericht #507, FAT
Tänikon, 36 Seiten
|
| BUWAL (1990)
: Technische Verordnung über Abfall, TVA, 10.12.1990, EDMZ, 3003 Bern
|
| BUWAL (1997):
Ökobilanzen: Bewertung mit der Methode der ökologischen Knappheit, Schriftenreihe
Umwelt, #297, Bern 1997
|
| Edelmann W., Schleiss K.
(1999): Ökologischer, energetischer und ökonomischer Vergleich von Vergärung,
Kompostierung und Verbrennung fester biogener Abfallstoffe, Schlussbericht zu Handen von
BFE/BUWAL, 3003 Bern (in preparation).
|
| Edelmann W., Brotschi
H., Joss A. (1998): Kompostier- und Gäranlage "Allmig" -
Betriebsergebnisse und Energiebilanz, Schlussbericht, BFE, CH-3003 Bern
|
| Edelmann W. (1995):
Integration der Anaerobtechnik in Gesamtkonzepte der biologischen Abfallbehandlung, in:
Wiemer K., Kern M.. (Ed.) Abfall-Wirtschaft, Proceedings des 7.Kasseler Abfallforums:
Biologische Abfallbehandlung, 25.-27.4.95, Kassel, Baeza Verlag, Witzenhausen, pp 541-570.
|
| Edelmann W., Engeli H.,
Gradenecker M., Kull T., Ulrich P. (1993): Möglichkeiten der
Wärmerückgewinnung bei der Kompostierung, Schriftenreihe Forschungsprogramm Biomasse,
c/o M. Hinderling, BEW, CH-3003 Bern
|
| Frischknecht R. (1996):
Ökoinventare von Energiesystemen, ISBN 3-9520661-1-7, ENET, Postfach, Bern dritte,
überarbeitete Auflage) (Data on CD-ROM)
|
| Goedkoop M. et.al. (1995):
The eco-indicator 95 - Weighting method for environmental effects that damage, National
Reuse of Waste Research Program, Pré-consultants, NL 3811 Amerfoort
|
| Hellweg S. (1999):
Life cycle assessment of thermal waste processes, R99, Geneva
|
| IEA (1997): Life
cycle assessment of AD - a literature review, Resource Development Associates, Final
Report
|
| Membrez Y., Glauser M.
(1997): Evaluation environnementale du Degré de Centralisation
dinstallations de Méthanisation des Dechèts organiques au Moyen dEcobilans,
BFE, CH-3003 Bern.
|
| Prochinig U. (1997):
Mittelflussrechnung, 3.Auflage, Verlag SKV, Zürich
|
| Schleiss K.
(1998): Grünabfallverarbeitung: Betriebswirtschaftliche Betrachtungen,
Agrarforschung 9/1998, 405-408
|
| Stutz E. (1999):
Kostenstruktur der Einsammlung im Kanton Zug, Stadtökologe Zug (persönliche Mitteilung)
|
| Zimmermann P.,
et.al. (1996): Ökoinventare von Entsorgungsprozessen: Grundlagen zur Integration
der Entsorgung in Ökobilanzen, ISBN 3-9520661-0-9, ENET, Postfach, Bern
|
Adressen der Autioren:
Dr. Werner Edelmann, arbi@biogas.ch
Konrad Schleiss, k.schleiss@bluewin.ch
Wir
danken dem Bundesamt für Energie, BFE, und dem Bundesamt für Umwelt, Wald und
Landschaft, BUWAL, für die Unterstützung dieser Studie.
Zurück zu Anfang
biogas,
anaerob, Vergärung, biomasse, Kompostierung, Verbrennung, energie, erneuerbar,
ökobilanz, oekobilanz, Vergleich, treibhauseffekt, methan, emission, ecoindicator, werner
edelmann, arbeitsgemeinschaft bioenergie, arbi, kostenvergleich, oekonomie biogas, anaerob, Vergärung, biomasse, Kompostierung, Verbrennung, energie,
erneuerbar, ökobilanz, oekobilanz, Vergleich, treibhauseffekt, methan, emission,
ecoindicator, werner edelmann, arbeitsgemeinschaft bioenergie, arbi, kostenvergleich,
oekonomie
|