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Vergleich des aeroben und anaeroben Abbaus

Werner Edelmann, arbi GmbH

 

Beim anaeroben Abbau von biogenem Material entsteht Biogas. In den chemischen Bindungen von biogenem Material ist Sonnenenergie fixiert. Im Biogas steckt noch über 90% der (Sonnen-)Energie des abgebauten Materials. Beim Abbau von Traubenzucker verbleibt daher den anaeroben Bakterien nur etwa ein Zwanzigstel der Energie, welche aerobe Organismen für das Wachstum zur Verfügung haben (Abb. 1)

AEROBER ABBAU:

C6H12O6 + 6 O2   =>  6 CO2 + 6 H2O
Traubenzucker     +    Sauerstoff      =>       Kohlendioxid   +       Wasser

frei werdende Energie Go = - 2‘875 kJ/Mol

ANAEROBER ABBAU:

C6H12O6  =>   3 CO2 + 3 CH4
Traubenzucker        =>       Kohlendioxid    +       Methan

frei werdende Energie Go = - 132 kJ/Mol

Abb. 1: Vergleich der für die Mikroorganismen unter Standardbedingungen frei werdenden Energie (Go) beim aeroben und beim anaeroben Abbau von Traubenzucker.

Weil die anaeroben Bakterien sehr viel mehr Material abbauen müssen, um die für eine Zellverdoppelung nötige Energie zu gewinnen, wachsen sie viel langsamer als die aeroben (anaerob Verdopplungszeit Tage bis Wochen im Vergleich zu Stunden aerob). Während beim aeroben Abbau viel Energie in Form von Abwärme abgegeben wird (heisser Kompost), können sich dies die anaeroben Bakterien nicht leisten; der Abbau ist thermisch neutral und es muss auf Betriebstemperatur (rund 35° bzw. 55°C) geheizt werden. Einige Vergleichsgrössen finden sich in Abbildung 2.

 

Aerober Abbau Anaerober Abbau
div. Mikroorganismen (Bakt., Einzeller etc.)

energiearme Produkte

viel biologisch verfügbare Energie,
daher:

viel Abwärme wird frei
schnelles Wachstum
viel Biomasseaufbau
hoher Nährstoffbedarf

biotechnische Lösungen:

hoher Energieaufwand (O2!)
hohe Betriebskosten
schwer optimierbar
geeignet für tiefe Konzentrationen
Bakterien (3 Gruppen)

energiereiches Produkt (Methan)

wenig biologisch verfügbare Energie,
daher

thermisch neutral
langsames Wachstum
wenig Biomasseaufbau
tiefer Nährstoffbedarf

biotechnische Lösungen:

grosser Energieüberschuss
niedrige Betriebskosten
i.d.R. selbstregulierend
geeignet für hohe Konzentrationen

Abb. 2: Vergleich einiger Eigenschaften des aeroben und des anaeroben Abbaus

 

Aerobe Mikroorganismen (Bakterien, Einzeller, primitive Mehrzeller) können sich noch von sehr kleinen Konzentrationen von organischen Stoffen ernähren, da sie bei deren Abbau genügend Energie zum Überleben gewinnen, während anaerobe Bakterien auf höhere Konzentrationen an organischen Stoffen angewiesen sind. Bei hohen Konzentrationen – wie sie in Ansammlungen von festen biogenen Abfällen vorhanden sind – wird bei den aeroben Organismen die Sauerstoffversorgung kritisch, während sich die anaeroben Bakterien auch ohne Fremdeingriff i.d.R. noch wohl fühlen.

Wenn die Kompostierung rein aerob ablaufen würde, wäre aus rein biochemischer Sicht ein Komposthaufen in ein bis zwei Tagen weiter abgebaut als das Gärprodukt nach drei bis vier Wochen. Dies ist aber nicht der Fall; im Gegenteil: die Kompostierung dauert sogar deutlich länger als ein vergleichbarer anaerober Abbau. Dies hat damit zu tun, dass die durch den Menschen betriebene Kompostierung ein Prozess ist, welcher in der Natur nie aerob ablaufen würde. Biomasseansammlungen – wie sie in einem (Garten-)Komposthaufen vorliegen - werden in der Natur immer vorwiegend anaerob abgebaut. Dies hat damit zu tun, dass der aerobe Abbau ein Dreiphasenprozess und der anaerobe Abbau nur ein Zweiphasenprozess ist (vgl. Abb. 3a und 3b).

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Abb. 3a:    Der aerobe Abbau ist ein Dreiphasenprozess: Es werden organische Partikel (fest) abgebaut durch Mikroorganismen (gelb), welche im Wasserfilm (flüssig) leben. Sie brauchen Sauerstoff (gasig), den sie über das Wasser aufnehmen.

Während beim aeroben Abbau alle drei Phasen (fest, flüssig, gasig) gleichzeitig vorliegen müssen, kommen die anaeroben Bakterien mit zwei Phasen aus. Das Biogas ist nicht Ausgangsmaterial, sondern Ausscheidungsprodukt – was die Prozessführung deutlich vereinfacht!

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Abb. 3b:     Der anaerobe Abbau ist ein Zweiphasenprozess; er braucht nur den abzubauenden Abfall (fest) und das Wasser als Lebensraum für die Bakterien. Das Gas wird als Ausscheidungsprodukt abgegeben und gast aus.

 

Die Tatsache, dass der aerobe Abbau drei Phasen benötigt, hat zur Folge, dass der Abbau in einem Komposthaufen nicht optimiert werden kann: Es liegen zu viele Grössen vor, die sich gegenseitig behindern, bzw. ausschliessen. Beispielsweise wird die Abbaugeschwindigkeit durch die Teilchengrösse beeinflusst: je feiner das Material, desto grösser dessen Oberfläche, wo die Mikroorganismen angreifen können, und damit desto grösser die Abbaugeschwindigkeit. Werden biogene Abfälle jedoch fein gemahlen, steigt der Sauerstoffbedarf in einem Komposthaufen und die Luft kommt gleichzeitig kaum mehr ins Innere, da keine Hohlräume mehr bestehen. Es kann daher kein intensiver aerober Abbau mehr stattfinden. Lässt man andererseits die Biomasse grob und unzerkleinert (Äste, Strukturmaterial), läuft der Abbau nicht rasch, weil die Oberfläche nun sehr klein ist. Weitere Optimierungsschwierigkeiten sind in Abbildung 4 dargestellt.

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Abb. 4: Schwierigkeiten bei der technischen Kompostierung: Wird keine Luft künstlich zugeführt, verlaufen (z.T. sehr) grosse Anteile des Abbaus anaerob mit den entsprechenden schädlichen gasigen Emissionen (oben). Wird Luft künstlich zugeführt, erreicht die Temperatur rasch Werte um 60°C, wo ein grosser Teil der Mikroorganismen im Innern des Haufens abstirbt oder sich zumindest abkapselt (Mitte). Wird zur Kühlung Luft in grösseren Mengen durch den Haufen gepresst, trocknet der Kompost rasch aus und die Mikroorganismen stellen die Abbauaktivität ebenfalls ein.

Abbildung 4 zeigt die Optimierungsschwierigkeiten des technischen aeroben Abbaus. Es ist kein Zufall, dass die thermophilen anaeroben Bakterien ihr Temperaturoptimum bei 55-60°C haben, da dort die aerobe Aktivität durch die Temperatur entscheidend reduziert wird.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass in der Natur der aerobe Abbau immer nur in kleinen Schichtdicken des organischen Materials abläuft. Beispielsweise im Laub unter dem Baum oder im welken Gras, wo Luft und Regen einfach Zugang haben. Wenn Biomasse zu grösseren Ansammlungen zusammengetragen wird (Laub oder Grasschnitt in Geländesenken, Biomasseansammlung am Grund eines Teichs etc.), verlaufen mit zunehmender Biomassemenge immer grössere Anteile des Abbaus anaerob.

Bei der Kompostierung, wie sie durch den Menschen betrieben wird, bestehen nur zwei Alternativen – die beide Nachteile aufweisen:

Wenn keine Anstrengungen zur künstlichen Belüftung und zur (anfangs: sehr) häufigen Umsetzung und Feuchtigkeitskontrolle unternommen werden, kommt es zwangsweise im Innern des Haufens (bzw. der Partikel) in grösserem Mass zu anaeroben Abbauschritten und damit zu umweltschädigenden Emissionen (Methan, Lachgas, NMVOC etc.). (Fall: dezentrale Kompostierung von [leicht abbaubarem] Haushaltsabfällen)
Wird häufig umgesetzt, bewässert und künstlich belüftet, verläuft der grössere Teil des Abbaus nun zwar aerob und die Emissionen werden kleiner. Dies wird jedoch mit Fremdenergie (Strom, fossile Energieträger) erkauft, was an anderen Orten (Energie- und Rohstoffgewinnung, Raffinerie, Emissionen bei Herstellung und Entsorgung der Infrastruktur etc.) zu entsprechenden Umweltbelastungen führt. (Fall: Professionelle Kompostierung, vgl. Ökobilanz)

In heutigen professionellen Kompostwerken beträgt die Energiedifferenz zur Herstellung einer Tonne Kompost im Vergleich zur Vergärung bis zu 700 kWh (Betrachtung auf Ebene der Primärenergie inkl. graue Energie, [Edelmann, Schleiss, 1999])! Wenn Biomasse in grösseren Mengen vorliegt (Komposthaufen), ist zur Sicherstellung eines vorwiegend aeroben Abbaus Zwang nötig. Dies bedingt den Einsatz von Energie. Es stimmt nachdenklich, wenn heute nicht erneuerbare Energieträger eingesetzt werden, um die im biogenen Material gespeicherte Sonnenenergie zu zerstören 1).

 

1) Die Kopostwärme kann dabei technisch kaum genutzt werden (Edelmann W., Engeli H., Gradenecker M, Kull T. (1993): Möglichkeiten der Wärmerückgewinnung bei der Kompostierung, Forschungsprogramm Biomasse, BFE, 3003 Bern

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Stand: 26. Juli 2002